Aus der Presse

"Österreich ist uns zu teuer"

Frédéric Puzin, Gründer des europaweit tätigen Immobilienfondsanbieters Corum, verkauft jetzt boomende Logistikimmobilien, will keine Wohnungen kaufen und hört zu investieren auf, wenn die Preise zu hoch steigen.

 

TOP-GEWINN: Als wir das letzte Mal im April 2020 miteinander gesprochen haben, war die Corona-Krise erst wenige Wochen alt. Niemand wusste, wie schlimm die Lockdowns die Wirtschaft und den Immobiliensektor treffen werden. Wie schlimm war es rückblickend?
PUZIN: 2020 sind nur etwa 1,5 Prozent der Mieteinnahmen des gesamten Portfolios ausgefallen. Es hat sich herausgestellt, dass viele Mieter, die wegen einer Mietreduktion angefragt hatten, wirtschaftlich gar nicht von der Krise betroffen waren, aber nachverhandeln wollten. 2021 war für manche Mieter schwieriger als 2020, da finanzielle Hilfen der Regierungen ausliefen. In manchen Ländern wurden auch gesetzliche Regelungen zum Nachteil der Vermieter schärfer ausgelegt. Die Ausfälle werden sich aber auch 2021 nicht merklich auf unsere Renditeziele auswirken.
TOP-GEWINN: Sie wollen mit Ihren in Österreich zugelassenen Fonds mindestens Renditen zwischen fünf und sechs Prozent erzielen.
PUZIN: Das werden wir wieder schaffen. 2020 betrug die Dividendenrendite beim Corum Origin, der nur in der Euro-Zone investiert, sechs Prozent, beim Corum XL, der auch außerhalb der Euro-Zone investiert, 5,66 Prozent. 2021 erwarten wir beim Origin über sechs, beim XL wieder über fünf Prozent Rendite.
TOP-GEWINN: Was sind Ihre Erwartungen für den Immobilienmarkt 2022?
PUZIN: Man muss den Immobilienmarkt von der Gesamtwirtschaft unterscheiden. Es ist nach wie vor zu viel Liquidität im Markt, noch mehr als 2019, also vor Ausbruch der Corona- Krise. Die Menschen wollen Immobilien kaufen. Natürlich sind Hotels und Einzelhandel weiter von der Pandemie betroffen. Wir merken aber z. B. in Großbritannien, dass dort Einzelhandelsimmobilien ein großes Comeback feiern, auch wenn die Preise noch unter denen von 2019 liegen. Es gibt aber auch Immobilien, die aufgrund der Pandemie boomen. Dazu zählen Gesundheits- und Logistikimmobilien
TOP-GEWINN: Büros sind die wichtigste Immobilienklasse in Ihren Fonds. Steigt der Leerstand aufgrund von Home-Office?
PUZIN: Es wird zu großen Veränderungen im Bürosektor kommen. Man braucht weniger klassische Büros und mehr Konferenz- und Besprechungsräume. Wir beobachten aber auch, dass die Arbeitgeber ihre Mitarbeiter dazu motivieren wollen, wieder in die Büros zurückzukommen. Global sehen wir derzeit keinen großen Preisverfall bei Büros.
TOP-GEWINN: Haben Sie Ihr Portfolio an diese Trends angepasst, z. B. mehr Logistik gekauft?
PUZIN: Ja, aber Logistik und Gesundheit sind uns zu teuer. Im Gegenteil: Wir verkaufen derzeit massiv Logistik, um Gewinne zu realisieren. Das ist unsere Strategie. Wenn wir ordentliche Gewinne realisieren können, verkaufen wir und schütten die Gewinne an die Anleger aus. Diese Gewinne hat man dann sicher und nicht nur auf dem Papier. Wir kaufen z. B. um 100 und verkaufen um 115. Dann schütten wir 15 aus und kaufen um 100 erneut. Derzeit kaufen wir Einzelhandelsimmobilien, vor allem Lebensmitteleinzelhandel. Auch für Hotels sind wir sehr zuversichtlich. Wir verhandeln schon sehr lange den Kauf von Hotels in Europa. Der Markt ist allerdings noch nicht so unter Druck, dass jemand verkaufen müsste. Das kann man nicht mit der Situation in der Finanzkrise 2008 oder 2009 vergleichen.
TOP-GEWINN: Wohnimmobilien sind ein klarer Gewinner der Krise. Bereuen Sie es, dass Corum den Kauf von Wohnimmobilien immer ausgeschlossen hat, oder haben Sie Ihre Meinung geändert?
PUZIN: Nein, wenn jeder Wohnungen kaufen möchte, ist es zu spät für einen Einstieg. Die laufende Rendite bei Wohnimmobilien ist für uns zu niedrig, das wäre nur eine Wette auf die zukünftige Wertsteigerung. Außerdem habe ich immer gesagt, dass ich nicht mit privaten Mietern in schwierigen Situationen wie Corona über die Miete verhandeln möchte. Wenn man Anwälten von großen Unternehmen gegenüber steht, fällt es einem leichter, hart zu bleiben.
TOP-GEWINN: Sie investieren mit Ihren Fonds von Kanada bis Estland. Gibt es Länder, wo Sie besonders große Chancen sehen? 24 Prozent des Immobilienvermögens des Corum Origin sind in den Niederlanden investiert, über 50 Prozent des Corum XL in Großbritannien.
PUZIN: Wir agieren sehr opportunistisch und bevorzugen keine bestimmten Länder. Größere Chancen sehen wir aber noch in Großbritannien. Die Preise werden dort weiter steigen. Noch gibt es Kaufgelegenheiten, aber es kann sein, dass wir unsere Zukäufe bei noch höheren Preisen stoppen und wieder verkaufen. Der hohe Anteil in den Niederlanden hat sich in den Anfangsjahren des Fonds ergeben. 2014 waren die Niederlande preislich sehr interessant und deshalb haben wir damals dort sehr viel investiert.
TOP-GEWINN: Um hohe Renditen von sechs Prozent und mehr zu erzielen, müssen Sie auch abseits der großen Städte und großen Länder investieren. Viele Investoren meiden kleine Märkte wie Slowenien, weil sie Angst haben, dass sie dort im Krisenfall nicht schnell genug wieder einen Käufer finden. Wie riskant ist diese Strategie?
PUZIN: Viele unserer Käufe finden sehr wohl in Metropolen wie London, Amsterdam oder Rotterdam statt. Und Staaten wie Slowenien sind keine Dritte-Welt-Länder. Wir bekommen z. B. für unsere Logistikimmobilie in Slowenien jeden Monat Kaufangebote.
TOP-GEWINN: Corum besitzt keine Immobilie in Österreich, weil die Preise aus Ihrer Sicht zu hoch und die Renditen zu gering sind. Haben Sie Ihre Meinung geändert?
PUZIN: Wir haben es öfters versucht, aber es war zu teuer für uns. Österreich ist wie die Schweiz ein sehr lokaler Markt für reiche Leute. Wenn man eine Immobilie kaufen möchte, ist sie schon zwei Stunden, bevor man dort ankommt, verkauft.
TOP-GEWINN: Aber Sie kaufen doch auch in Deutschland, ein ähnlich hochpreisiger Immobilienmarkt wie Österreich.
PUZIN: Deutschland ist ein viel internationalerer Markt. Und was die hohen Preise betrifft: Ich finde es derzeit interessant, in Deutschland zu verkaufen. Das große Missverständnis der Immobilienbranche ist ja, dass Investoren immer kaufen müssen, weil sie zu viel Geld einsammeln. Wenn man Geld einsammelt, dann muss man es auch investieren. Wenn wir sehen, dass wir keine passenden Immobilien mehr kaufen können, dann hören wir auf, Geld einzusammeln. Daher limitieren wir auch den Mittelzufluss beim Corum Origin.

 

Anders als österreichische Immo-Fonds

Corum mit Sitz in Frankreich vertreibt derzeit in Österreich zwei Fonds, die sich sowohl rechtlich als auch von der Strategie von den heimischen Immobilienfonds unterscheiden. Während österreichische Immobilienfonds eine Cash-Reserve von mindestens zehn Prozent halten müssen, dürfen die Franzosen zu 100 Prozent in Immobilien investieren. Die Cash-Reserve ist eine Vorsichtsmaßnahme, um Anleger, die aussteigen wollen, jederzeit auszahlen zu können. Bei Corum wird hingegen kein täglicher Ausstieg garantiert. Wollen mehr Anleger verkaufen, als neue einsteigen wollen, kann es zu Wartezeiten kommen. Bei der Rendite ist ein möglichst geringer Cash-Anteil in Zeiten von Strafzinsen allerdings ein Vorteil. Der 2,1 Milliarden Euro schwere Corum Origin hat ein Renditeziel von sechs Prozent p. a., das seit dem Start 2012 auch immer erreicht oder übertroffen wurde. Während heimische Fonds fast ausschließlich in Österreich und Deutschland kaufen, inves tiert Origin in 13 Ländern in Euro-Zone. Österreich ist nicht darunter. Gekauft werden überwiegend Büros und Einzelhandelsobjekte, Hotels und Industriegebäude, aber keine Wohnungen. Das gilt ebenfalls für den zweiten Fonds, den 1,1 Milliarden Euro großen Corum XL. Dieser inves tiert in zwölf Ländern, allerdings auch außer halb der Euro-Zone, vor allem in Großbritannien. Das Renditeziel von fünf Prozent wurde seit der Auflage 2017 immer übertroffen und betrug 2020 5,66 Prozent. Die empfohlene Anlagedauer beträgt bei beiden Fonds zehn Jahre.

 

Dezember 2021