Aus der Presse

Immobilien Magazin - Bei uns heißt es "Mieter, Mieter, Mieter" - 04.07.2023

Martin Linsbichler, neuer Österreich-Chef des französischen Immobilienfondsanbieter Corum, spricht mit Stefan Posch über die aktuellen Chancen für Ankäufe, das geplante Wachstum in Österreich und warum heimische Assets nicht in das Portfolio passen.

 

Immobilien Magazin: Im Mai haben sie die Geschäftsführung von Corum Österreich übernommen. Wie haben sie sich eingelebt?

Linsbichler: Ich habe mich ganz ausgezeichnet eingelebt. Schon bei den ersten Meetings in Paris war ich sehr beeindruck von der Dynamik des Unternehmens. Im Pariser Office haben wir ein Team mit einem Durchschnittsalter von rund 32 Jahren. Man spürt sehr rasch die große Begeisterung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein Grund dafür ist sicher die Tatsache, dass Corum eigentümergeführt ist und der Gründer Frédéric Puzin diese Begeisterung vorlebt.

IM: Sie haben ein Wachstum in Österreich angekündigt. Wie soll das gelingen?

Linsbichler: Das zwei wesentliche Punkte: Wir werden unser Team in Wien breiter aufstellen, um sowohl Kunden als auch Vertriebspartner noch besser zu unterstützen und zu servicieren – auch gemeinsam mit internationalen Kolleginnen und Kollegen, denn viele organisatorische Arbeiten passieren in länderübergreifenden Teams. Auf der anderen Seite gilt es die Marke weiter aufzubauen. Die ungestützte Markenbekanntheit ist in Österreich noch nicht sehr hoch. Das gilt es jetzt zu ändern.

IM: Aktuell wird europaweit Geld aus Immobilienfonds abgezogen. Spüren sie das auch bei Corum?

Linsbichler: Wir beobachten das natürlich auch am Markt. Auf unsere Fonds trifft dieser Trend allerdings nicht zu. Wir hatten im 1. Quartal sogar 360 Millionen Euro Zufluss - um 30 % mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Ein Vorteil in diesem Zusammenhang ist, dass unsere Fonds Privatkundenfonds sind. Wir sind somit nicht von einzelnen institutionellen Investoren abhängig.

Wir agieren ja auch anders als andere Immobilienfonds: Wir sind kein reiner Vermögensverwalter, sondern ein Anbieter von Investmentlösungen, bei denen wir für die gesamte Wertschöpfungskette verantwortlich sind. Wir entwickeln unsere Produkte, wir investieren in Gewerbeimmobilien, wir stellen den Vertrieb und wir verwalten unsere Gebäude selber. Ein großer Vorteil im aktuellen Umfeld ist unsere starke Liquidität. Wir sind eigenkapitalfinanziert und haben nur eine ganz geringe Finanzierungsquote. Das Ziel unseres Hauses ist, jedem Privatinvestor die Möglichkeit zu geben am Immobilienmarkt zu partizipieren - deswegen auch die sehr geringe Einstieghürde.

IM: Auf was achtet Corum bei dem Ankauf von Objekten?

Linsbichler: Wir investieren ausschließlich in Objekte mit langfristigen Mietverträgen und starken Unternehmen als Mieter. Sie kennen den Spruch „Lage, Lage Lage“, bei uns heißt es „Mieter, Mieter, Mieter“.

IM: Welche Assetklassen sind für sie aktuell spannend

Linsbichler: Wir bieten mit Corum Origin und Corum XL zwei Gewerbeimmobilienfonds in Österreich an. Beide Fonds diversifizieren stark nach Branchen und nach Ländern, wobei Büroimmobilien und Geschäftslokale in beiden Portfolios den größten Anteil haben. Beide Fonds halten aber auch Assets im Logistik-, Hotel- und Gesundheitswesen. Der Logistikbereich war sehr teuer und ist jetzt günstiger geworden. Da werden wir sicher weitere Chancen ergreifen, ebenso erwarten wir heuer vermehrt Kaufgelegenheiten im Hotel- und Industrie-Bereich.

IM: Corum hat bis dato keine Assets in Österreich angekauft. Was sind die Gründe dafür?

Linsbichler: Der Markt ist im Verhältnis zu anderen sehr teuer. Corum-Gründer Frédéric Puzin hat einmal gesagt, dass Österreich ähnlich wie die Schweiz ist. Der Markt ist gut für wohlhabende Kunde, die einander kennen. Es ist aber sehr schwer als Externer in Österreich tätig zu werden. Der Markt bringt zudem nicht die Renditen, die wir suchen.

IM: Was sind denn die Zielrenditen der Fonds?

Linsbichler: Bei Corum Origin sind das 6 Prozent, bei Corum XL 5 Prozent. Bisher haben wir diese Zielsetzungen immer erreicht oder sogar übertroffen.

IM: Wie beurteilen sie die aktuelle Situation am europäischen Immobilienmarkt.

Linsbichler: Die Wirtschaft schwächelt und in einigen Ländern wird sie wohl noch länger schwach bleiben. Die Zinssituation kommt da erschwerend dazu. Für uns ist es paradoxer Weise aber gerade in diesem Umfeld so, dass wir großes Potenzial für den Ankauf unterbewerteter Assets sehen. Wir denken sehr langfristig und das Fondsmanagement sieht aktuell den besten Moment für die Erweiterung der Portfolios in den letzten zehn Jahren. Aktuell gibt es erstklassige Gewerbeimmobilien mit einer hohen Mietrendite zu einem günstigeren Preis. Zudem steigen die Mieteinnahmen aufgrund der Indexierung.

IM: Einige Immobilienfonds mussten in dieser Situation Assets abwerten bzw. verkaufen. Wie ist diesbezüglich Corum vorgegangen?

Linsbichler: Wir haben keine Abwertungen vornehmen müssen. Natürlich verkaufen wir eine Immobilie, wenn ein interessanter Preis geboten wird. In der Regel verkaufen wir aber nur, wenn wir merken, dass ein Mieter in den nächsten zwei oder drei Jahren vorhat auszuziehen. Wichtig ist uns, dass wir stabile, langfristige Mietverträge haben. Und jene Assets, die andere abwerten, sind für uns eine große Chance.

IM: Denken sie, die Büromietpreise kommen aufgrund der wirtschaftlichen Lage unter Druck?

Linsbichler: Das kann natürlich sein, aber wissen tun wir es nicht. Unser Team sucht auch deswegen die Diversifizierung, um eben nicht so abhängig von einer bestimmten Sparte zu sein. Wenn die Mieten im Büroberiech sinken, können wir weiterhin davon ausgehen, dass etwa Seniorenresidenzen oder Logistikimmobilien weiterhin hochrentabel bleiben werden.

IM: Sind aktuell Sozialimmobilien, wie Altersheime für Corum besonders interessant?

Linsbichler: Ja, so wie für viele. Deswegen ist es auch ein sehr teurer und enger Markt, der umkämpft ist. Wir investieren jedoch grundsätzlich opportunistisch und gegen allgemeine Trends – und niemals dort, wo die Preise überhitzt sind.

IM: Wie wichtig ist Ihnen die Nachhaltigkeit bei ihren Assets.

Linsbichler: Natürlich ist das Thema viel wichtiger geworden. Aber für uns ist Nachhaltigkeit kein Marketing-Argument und wir hängen es nicht an die große Glocke. Tatsache ist aber, dass man nur noch in Immobilien investiert, die entsprechend modern ausgestattet sind. In den Niederlanden kann man heute zum Beispiel überhaupt nicht mehr vermieten, wenn man keinen Nachhaltigkeitsnachweis hat. Wir werden in Österreich auch einen dritten Fonds anbieten, der ein Nachhaltigkeitssiegel hat.

IM: Vielen Dank für das Gespräch